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Partizipation als Grundhaltung

Unter Partizipation verstehen wir eine frühzeitige, kontinuierliche und ermächtigende Beteiligung der Adressat*innen einer Technologie an allen für sie relevanten Entscheidungen, die die gemeinsame Problemdefinition und Lösungsfindung, einschließlich nicht-technischer Lösungen, umfasst und damit auch offen für nicht-technische Ergebnisse sein muss. 

Dabei streben wir insgesamt eine gleichberechtigte Kooperation derer an, die durch eine Technologie direkt oder indirekt berührt werden. Diese Kooperation soll auf Freiwilligkeit, wechselseitiger Wertschätzung und einem Verhältnis des Gebens und Nehmens beruhen. Das setzt auf allen Seiten die Offenheit und Bereitschaft voraus, wechselseitig Perspektiven einzunehmen, unvoreingenommen zuzuhören, sich mit anderen Sichtweisen, Erfahrungen und Vorannahmen auseinanderzusetzen, Meinungsverschiedenheiten auszuhalten, voneinander zu lernen, Lösungen zu diskutieren, Alternativen zu entwickeln und getroffene Entscheidungen gemeinsam umzusetzen. Partizipation ist somit Mittel und Zweck zugleich: Als Mittel stellt sie die Herstellung passender Systeme zum Zwecke der Verbesserung der Lebensbedingungen nach Wünschen und Vorstellungen aller Beteiligten in Aussicht. 

Partizipation ist somit nicht nur Methode, sondern vor allem eine Grundhaltung, die mit einer kritischen Reflexion und Veränderung des eigenen Forschungs- und Gestaltungshandelns, darin verankerter Werte, Annahmen und Machtverhältnisse einhergeht.

Themenfeld der Fachgruppe

Das zentrale Anliegen der Fachgruppe ist es, die Beteiligung von Menschen, die durch eine Technologie direkt oder indirekt berührt werden, zum festen Bestandteil technischer Forschungs- und Entwicklungsprozesse in der Mensch-Computer-Interaktion zu machen. Dies basiert auf dem grundlegenden Bekenntnis zur hervorgehobenen Position der Mensch-Computer-Interaktion als Schnittstelle von Gesellschaft, Mensch und Technik und der daraus resultierenden sozialen Verantwortung von Forscher*innen und Technikgestalter*innen für direkte und indirekte Effekte dieser Technologien. 

Die Fachgruppe gründet auf der Notwendigkeit, dass diejenigen, die von einer Zukunftstechnologie betroffen sein werden, bei ihrer Entwicklung ein aktives Mitspracherecht haben sollen. Die Fachgruppe beschäftigt sich mit Gestaltungs- und Entwicklungsprozessen für unterschiedlichste Anwendungsbereiche, sie thematisiert Partizipation in Theorie und Praxis und lädt Forscher*innen und Entwickler*innen ein, sich mit Fragen und Diskussionen zur partizipativen Technikentwicklung auseinanderzusetzen. 

Die Herangehensweise der Fachgruppe geht auf die in den 1970er Jahren in Skandinavien entstandenen Ansätze des Cooperative System Design und des Participatory Design (PD) zurück, in denen aus dem Anspruch an eine Demokratisierung des Arbeitslebens die Mitarbeiter*innen an der Technikentwicklung beteiligt wurden, die mit diesen Systemen zukünftig arbeiten und umgehen sollten. Die Fachgruppe Partizipation knüpft an diese Tradition an. Mehr noch: Aufgrund der technischen Durchdringung aller Lebens- und Alltagsbereiche begreifen wir die Beteiligung von Menschen, die durch eine Technologie direkt oder indirekt berührt werden, als Bestandteil des demokratischen Grundrechts auf freie Entfaltung und Selbstbestimmung. Dabei gilt es insbesondere auch die Menschen zu berücksichtigen, die als marginalisierte Gruppen häufig aus dem Blick geraten, wenn es um die Interaktion von Mensch und Maschine im Alltag- und Arbeitsleben geht.